«Laudato si‘»: Franziskus und der Sonnengesang

Wer schon einmal in Assisi war, weiss um die traumhaft schöne Natur, die die kleine Stadt umgibt. Der Heilige, der am meisten mit der Natur in Verbindung gebracht wird, ist Franziskus von Assisi. Für Franziskus kommt alles von Gott her und die «Umwelt» ist für ihn eine «Mitwelt». Die Schöpfung und mit ihr die Geschöpfe sind um ihrer selbst willen da, nicht als «Gebrauchswert» für den Menschen. Dies kommt besonders in seinem bekanntesten Gebetstext, dem «Sonnengesang», zum Ausdruck, den er im 13. Jahrhundert in altitalienischer Sprache verfasst hat. Das Leitmotiv des Sonnengesangs ist die geschwisterliche Gemeinschaft mit den kosmischen Erscheinungen: mit der Schwester Sonne, dem Bruder Mond, den Elementen Bruder Wind, Schwester Wasser, Bruder Feuer, der Schwester und Mutter Erde und mit allen Kreaturen. Franziskus setzt uns Menschen demnach in eine familiäre Beziehung zur Schöpfung. Ein Verständnis des Beherrschens und der Ausbeutung widerspricht dabei dem Schöpfungsgedanken. Vielmehr geht es um gelebte Beziehung, indem der Mensch als Hüter die Schöpfung bewahrt und im Sinne der Nachhaltigkeit die Lebensgrundlagen für alle Geschöpfe erhält, wie in einer Familie in der Beziehung zu den Kindern, Eltern, Geschwistern usw. Es ist erfreulich, dass der jetzige Papst den Namen Franziskus gewählt hat und zum Beispiel in den vergangenen Jahren die Katholiken weltweit aufrief, den 1. September künftig als Gebetstag zur Bewahrung der Schöpfung zu begehen. Mit dem 1. September beginnt demnach auch die sogenannte Schöpfungszeit im Kirchenjahr, in der wir dazu aufgerufen sind, für die Bewahrung der Schöpfung zu beten, uns auf die familiäre Verantwortung für sie zu besinnen und daraus praktische Taten folgen zu lassen. Sie endet am 4. Oktober mit dem Gedenktag des hl. Franziskus. Schlussendlich ist jede und jeder von uns gefragt: «Wie lebe und wie liebe ich die geschwisterliche Beziehung zur Schöpfung Gottes?»

Diana Schneider, Theologin

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Quelle: Pixabay